Lehm, ein natürlicher Baustoff, der seit Jahrhunderten verwendet wird, erlebt in der modernen Welt eine bemerkenswerte Wiederauferstehung. Von antiken Lehmziegeln bis hin zu zeitgemäßen Lehmputzen erfreut sich dieser ökologische Baustoff immer größerer Beliebtheit. Doch was macht Lehm so besonders, und wie wirken Lehmputze?
Lehm ist eine Mischung aus verschiedenen Bestandteilen, die in der Regel in folgenden Anteilen vorkommen:
Zur Wirkung des Tons gehört unter anderem seine Fähigkeit, die Luftqualität in Räumen nachhaltig positiv zu beeinflussen. Dafür muss man verstehen, wie der Ton aufgebaut ist.
Der Ton besteht aus vielen kleinen Silikatplättchen, die schichtweise übereinander liegen. Sie sind im trockenen Zustand durch Elektrostatik miteinander verbunden. Für diese Elektrostatik sind negativ geladene Ionenteilchen verantwortlich. Wenn nun durch das große Porengefüge des Lehmputzes und seiner Absorptionskräfte der Lehmputz mit der Raumluft in Kontakt kommt, gehen die Ionenteilchen vom Lehm auf die Luft über und verbessern so die Qualität der Raumluft. Die Luft wirkt frischer und klarer. Vielleicht haben Sie auch schon einmal von Ionisierungsgeräten gehört, die genau diesen Effekt künstlich bewirken. Aber dafür noch Strom brauchen. Beim Lehmputz erhält man diesen Effekt ganz natürlich. Bisher hat man noch nicht festgestellt, ob sich der Effekt abbaut oder minimiert.
Wenn man einen alten Lehmputz wieder auffeuchtet und ihn so wieder plastisch macht, wird durch das Wasser die verbindende Elektrostatik aufgelöst. Trocknet der Lehmputz durch Verdunstung dann wieder, verbinden sich die Silikatplättchen wieder und der Lehmputz erreicht seine normale Festigkeit.
Dieser Vorgang ist hier natürlich aus Gründen der Anschaulichkeit sehr einfach beschrieben. Die Wirkungsweise der Tone ist sehr umfangreich und vielfältig.
Ein wichtiger Unterschied zu anderen Baustoffen liegt weiterhin in der Trocknung bzw. Erhärtung des Lehms. Als einziger Baustoff, bzw. Putz lässt sich Lehm immer wieder anlösen. Alle anderen Putzarten wie Kalk, Zement oder Gips binden durch einen chemischen Erhärtungsprozess ab und sind unumkehrbar verbunden. Die Aufnahme von Wasser würde sie eventuell schädigen, aber nicht wieder in den ursprünglichen Zustand verflüssigen. Geschweige denn, dass man sie neu verarbeiten könnte. Das ist beim Lehm anders. Wie zuvor schon bei den Eigenschaften des Tons beschrieben, kann der Lehm durch die Aufnahme großer Mengen Wasser in seinen ursprünglichen plastisch-flüssigen Zustand versetzt werden. Dies hört sich im ersten Moment vielleicht komisch an.
Kann mein Lehmputz an der Wand jetzt bei hoher Luftfeuchtigkeit wieder flüssig werden? Nein, das kann er nicht.
Wie schon gesagt, hierfür sind große Mengen Wasser notwendig. Deshalb ist Lehm im Außenbereich nur mit großem Wissen und sehr viel Erfahrung einsetzbar. Aber unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit ist das eine ganz tolle Fähigkeit. So kann bei der Sanierung alter Fachwerkhäuser der Lehm wieder eingesumpft, eventuell mit neuem Lehm vermengt und direkt neu verarbeitet werden. So wird weniger Müll erzeugt und bei neuen Projekten weniger Material verwendet. Mehr Nachhaltigkeit im Baubereich ist kaum vorstellbar. Gerade die Cradle-to-Cradle- Philosphie lässt sich mit Baustoffen aus Lehm hervorragend realisieren.
Auch die Herstellung von Lehm ist äußerst nachhaltig. Bei Neubauprojekten findet man meisten ab einer Tiefe von 70 cm Lehmschichten, die man zum Bauen verwenden könnte. Wenn diese Lehme die notwendigen Prüfungen bestehen, können sie direkt vor Ort verarbeitet werden. So fallen keine großen Herstellungs- oder Transportkosten an. Aber auch bei der konventionellen Produktion von Lehmbaustoffen ist der Einsatz von Energie relativ gering. Am Beispiel der Lehmputze lässt sich das ganz anschaulich erklären:
Sie bekommen Lehmputze in getrockneter Form, abgepackt in 25 kg Säcken oder als erdfeucht in großen Big-Bags mit einem Gewicht von bis zu einer Tonne. Die erdfeuchte Ausführung muss natürlich nicht großartig getrocknet werden. Somit kaum Energieeinsatz. Für den Einsatz in Säcken wird der Lehm getrocknet, wofür natürlich auch Energie benötigt wird. Die meisten Hersteller versuchen auch hier den Energieeinsatz so gering wie möglich zu halten. Aber grundsätzlich ist beim Lehm, egal ob erdfeucht oder getrocknet, der Energieeinsatz immer um ein Vielfaches geringer als bei Kalk, Zement oder Gips. Diese Produkte werden z. T. bei bis zu 1.400 Grad Celsius gebrannt, wofür große Mengen meist fossiler Brennstoffe eingesetzt werden müssen. Bei der Zementherstellung fällt weltweit mehr CO2 an als im Flugverkehr.
Wer das Klima schützen und nachhaltig renovieren möchte, der trifft mit einem Baustoff auf Lehmbasis immer die richtige Entscheidung.
Insgesamt sind Lehm und Lehmputze eine umweltfreundliche, gesundheitsfördernde und ästhetisch ansprechende Wahl für den Innenausbau. Ihre einzigartigen Eigenschaften tragen dazu bei, ein angenehmes und nachhaltiges Raumklima zu schaffen, das sowohl die Umwelt als auch die Bewohner positiv beeinflusst. Es ist keine Überraschung, dass dieser traditionelle Baustoff in der modernen Architektur und im Innenausbau wieder an Bedeutung gewinnt.
Als Baubiologe und Maler helfe ich Ihnen gerne mit meinem Team weiter, damit auch Sie vom natürlichen Baustoff Lehm profitieren können.
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